Es gibt Verhaltensweisen, die uns beunruhigen, besonders wenn sie sich von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter hartnäckig halten. Eines dieser Muster ist die Entwicklung von Diebstählen in jungen Jahren zu einer manifesten Gier im Erwachsenenalter. Was passiert, wenn ein Kind, das bereits Dinge entwendet hat, als Erwachsener immer noch von einem unersättlichen Verlangen nach mehr getrieben wird?
Auf den ersten Blick mag es nach einem einfachen Fall von „schlechtem Charakter“ aussehen. Doch die Realität ist oft vielschichtiger und verweist auf tiefgreifende psychologische und entwicklungsbedingte Prozesse.
Die Kontinuität des Verhaltens: Eine besorgniserregende Entwicklung
Wenn kindliche Diebstähle in Gier als Erwachsener münden, sprechen wir nicht mehr von jugendlichem Übermut. Stattdessen sehen wir eine Verfestigung von Verhaltensmustern, die sich über die Jahre etabliert haben. Was als Kind vielleicht noch als unüberlegter Streich begann, wird im Erwachsenenalter zu einem integralen Bestandteil der Persönlichkeit oder einem festen Bewältigungsmechanismus für innere Spannungen.
Ein zentraler Aspekt dabei ist oft eine Störung der Impulskontrolle. Gier ist im Kern die Unfähigkeit, Begierden aufzuschieben oder auf sozial akzeptable Weise zu befriedigen. Wurde dies bereits in jungen Jahren nicht erlernt, kann es sich zu einem dominierenden Verhaltenszug entwickeln.
Der Blick hinter die Gier: Mögliche Ursachen
Die bloße Feststellung des Verhaltens ist nur der erste Schritt. Die spannende und wichtige Frage ist: Was steckt dahinter?
- Unerfüllte Bedürfnisse: Oft ist Gier ein Ausdruck eines tief sitzenden Mangels. Haben diese Menschen in ihrer Kindheit ein Gefühl der Entbehrung erlebt – sei es materiell, emotional oder in Bezug auf Anerkennung? Der Drang, sich zu „nehmen“, was man vermeintlich nie hatte oder was einem zusteht, kann sich so manifestieren.
- Mangel an Empathie und Reue: Wiederholtes Diebstahlverhalten, gepaart mit Gier, kann auf eine unzureichende Fähigkeit zur Empathie für die Opfer hinweisen. Die eigenen Wünsche stehen so stark im Vordergrund, dass die Konsequenzen für andere ausgeblendet werden. Ein Reuegefühl ist selten oder fehlt ganz. Z. B. Geld aus einer Kommode und Trauerkarten wurde möglichst schnell entwendet. Im genannten Fall der Kommode bedeutet es sogar Diebstahl. (Erbe 50/50)
- Fehlende Wertevermittlung: Wurden moralische Grenzen, der Respekt vor Eigentum (kaputte Küchentür, verschmierte Wände) oder die Bedeutung von Fairness in der Kindheit nicht ausreichend vermittelt, kann dies zu einer verzerrten Wahrnehmung von Recht und Unrecht führen.
Psychologische Aspekte und Persönlichkeitsstörungen: In manchen Fällen können solche hartnäckigen Verhaltensmuster auf tiefere psychologische Ursachen oder sogar auf Persönlichkeitsstörungen hindeuten. Eine antisoziale Persönlichkeitsstörung ist beispielsweise oft mit Missachtung der Rechte anderer, Betrug und wiederholten kriminellen Handlungen verbunden. Aber auch Merkmale einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung können eine Rolle spielen, wenn Gier Ausdruck eines übersteigerten Anspruchsdenkens ist.
Kann sich das ändern?
Die gute Nachricht ist: Eine Veränderung ist prinzipiell immer möglich. Sie erfordert jedoch eine enorme Selbsterkenntnis durch Selbstreflexion und oft professionelle Hilfe. Psychotherapie kann dabei unterstützen, die tiefer liegenden Ursachen der Gier und des Diebstahlsverhaltens zu identifizieren. Das Erlernen gesünderer Bewältigungsstrategien, die Entwicklung von Empathie und die Auseinandersetzung mit den eigenen Werten sind dabei entscheidende Schritte. Die Entwicklung vom diebischen Kind zum gierigen Erwachsenen ist ein Phänomen, das uns daran erinnert, wie wichtig frühzeitige Interventionen und eine ganzheitliche Betrachtung menschlichen Verhaltens sind. Es ist ein Aufruf zum Verständnis, aber auch zur klaren Abgrenzung.
In den nächsten Tagen geht es im Beitrag weiter. Momentan fehlt mir leider die Zeit, da es für die richtigen Worte anstrengend ist.
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