Es ist ein weit verbreitetes Phänomen, das viele Familien betrifft: Großeltern, die aus tiefster Zuneigung und dem Wunsch heraus, ihren Enkelkindern eine Freude zu machen, diese mit Geschenken überhäufen. Doch was passiert, wenn diese liebevollen Gesten zu einem Mittel werden, um Zuneigung zu „erkaufen“ – und die Enkelkinder dies schamlos ausnutzen? Eine Situation, die auf den ersten Blick harmlos erscheint, kann weitreichende Folgen für die Beziehungen innerhalb der Familie haben.
Die Falle des „Geschenke-Kaufens“
Großeltern lieben es oft, ihre Enkel zu verwöhnen. Es ist eine natürliche Freude, strahlende Kinderaugen zu sehen und zu wissen, dass man dazu beigetragen hat. Doch manchmal verschiebt sich die Dynamik. Aus dem Wunsch, präsent zu sein und gemocht zu werden, kann der Gedanke entstehen, dass mehr Geschenke auch mehr Liebe oder Aufmerksamkeit bedeuten. Dies ist besonders verlockend, wenn die Großeltern vielleicht das Gefühl haben, nicht genug Zeit mit den Enkeln verbringen zu können oder eine tiefere Bindung aufbauen möchten.
Die Enkelkinder, oft noch jung und unerfahren im Umgang mit sozialen Dynamiken, lernen schnell. Sie merken, dass bestimmte Verhaltensweisen – oder einfach nur ihre Anwesenheit – zu materiellen Belohnungen führen. Was als gelegentliches Geschenk beginnt, kann sich schnell zu einer Erwartungshaltung entwickeln. Wenn die Großmutter dann immer bereit ist, Wünsche zu erfüllen, lernen die Kinder, dies auszunutzen.
Die ungesunden Folgen für alle Beteiligten
Diese Dynamik ist für niemanden wirklich gut:
- Für die Großeltern: Sie könnten sich am Ende ausgenutzt und ungeliebt fühlen. Die Freude am Schenken weicht einem Gefühl der Verpflichtung oder Enttäuschung. Sie fragen sich vielleicht, ob die Zuneigung, die sie erhalten, echt ist oder nur an materielle Dinge geknüpft.
- Für die Enkelkinder: Das größte Risiko ist die Entwicklung eines starken Anspruchsdenkens. Sie lernen nicht den Wert von immateriellen Beziehungen wie Vertrauen, Respekt und echter Zuneigung. Stattdessen könnten sie die Welt als einen Ort sehen, an dem man bekommt, was man will, solange man die richtigen Hebel bedient. Dies kann sich später auch negativ auf andere Beziehungen in ihrem Leben auswirken. Die Wertschätzung für Geschenke selbst nimmt ab, da sie zu selbstverständlich werden.
- Für die Familie insgesamt: Die Beziehung zwischen den Generationen wird oberflächlich und transaktional. Echte Bindung und gemeinsame Erlebnisse rücken in den Hintergrund, während der Fokus auf materielle Dinge verlagert wird. Dies kann auch zu Spannungen zwischen den Eltern der Kinder und den Großeltern führen, wenn die Erziehungsprinzipien kollidieren.
Wie durchbricht man diesen Kreislauf?
Es ist nicht einfach, eine solche Dynamik zu ändern, besonders wenn sie sich über längere Zeit entwickelt hat. Doch es ist wichtig, dies zu versuchen, um gesündere und erfüllendere Beziehungen aufzubauen:
- Kommunikation ist der Schlüssel: Die Großeltern sollten ihre Gefühle und Beobachtungen – vielleicht auch mit den Eltern der Enkelkinder – besprechen. Es ist wichtig, klar auszudrücken, dass sie nicht möchten, dass ihre Liebe an materielle Dinge geknüpft ist.
- Liebe anders zeigen: Großeltern können ihre Zuneigung auf vielfältige Weise zeigen, die nichts mit Geld zu tun hat. Gemeinsame Zeit, Vorlesen, Spielen, gemeinsame Unternehmungen, das Weitergeben von Geschichten oder Fähigkeiten sind viel wertvollere Geschenke.
- Grenzen setzen: Es ist wichtig, konsequente Grenzen bezüglich der Geschenke zu setzen. Das bedeutet nicht, dass man nie wieder etwas schenken soll, aber es sollte bewusst und nicht als Reaktion auf Forderungen geschehen.
- Wertschätzung fördern: Eltern und Großeltern können gemeinsam daran arbeiten, den Kindern beizubringen, Dankbarkeit für immaterielle Dinge zu empfinden und den Wert von Beziehungen über materiellen Besitz zu stellen.
Letztlich geht es darum, dass Liebe bedingungslos ist und nicht gekauft werden kann. Eine echte Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln basiert auf gemeinsamen Erlebnissen wie Reisen, Gesprächen, Lachen und der Gewissheit, füreinander da zu sein – ganz ohne Preisschild.
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